Gleichzeitig gut sein und leben
Gruppe Szenario begeistert im Chawwerusch-Theater mit dem Stück „Der gute Mensch von Sezuan"
Kann ein Mensch gleichzeitig gut sein und leben? - Das ist die kritische Frage, die Bertolt Brecht in seiner Parabel „Der gute Mensch von Sezuan" der Gesellschaft stellt. Im Saal des Chawwerusch-Theaters in Herxheim bekannten die acht jungen Darsteller der Theater-Gruppe „Szenario" vom Pamina Schulzentrum am Samstagabend: „Wir stehen selbst und sehn betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen. Verehrtes Publikum, such" dir selber deinen Schluss. Es muss ein guter sein. Es muss, muss, muss..."
Im Laufe der vielen Jahre, seit das anfängliche Wandertheater Chawwerusch in Herxheim sesshaft wurde, haben sich gewinnbringende Synergien entwickelt. Von der Professionalität und der theaterpädagogischen Arbeit der hauptberuflichen Schauspieler und Regisseure haben viele Laiengruppen profitiert. Ein nachhaltiger Effekt ist auch die Lehrtätigkeit von Ben Hergl für Darstellendes Spiel an Schulen der Region und seit zwölf Jahren als Leiter der Theater-AG im Pamina Schulzentrum. Am Samstag überzeugten die Oberstufenschüler wieder einmal durch eine reife darstellerische Leistung, die weit über das von einem Schultheater erwartete Niveau hinausreicht. In der Umsetzung zeigten acht junge Leute in der Darstellung von 21 Charakteren, dass sie sich intensiv mit dem Instrument des epischen Theaters zur Gesellschaftskritik auseinandergesetzt haben, bestachen durch starke Bühnenpräsenz und Klarheit in der Sprache in vielen, der Epik geschuldeten gespielt veränderten Tonlagen.
Der Spannungsbogen blieb die gesamte Spielzeit über so stramm wie die Saiten der Gitarre und des Violoncellos, die zusammen mit einem indischen Shrunti und der Tröte Kazoo von Sophie Tritschler, Julia Wolfund Tristan Dietz in wechselnder Besetzung gespielt, über das Publikum rieselten. In der Bewegung über die gesamte Fläche der meist nackten großen Bühne blieb den Zuschauern Raum für eigene Fantasien und die Beachtung der aufwändigen Maske und Kostüme.Die Bühnenrückwand zeigte den blauen Wolkenhimmel, davor hingen transparente Stoffbahnen, hinter denen die Götter (Miriam Herdt, Mareike Lutz, Sophie Tritschler) entschwanden. Einziges Requisit war ein klaviergroßer Kasten auf Rollen. Von vorne stellte er den Tabakladen dar, umgedreht unter anderem die Brücke, unter der Wang, der Wasserverkäufer, nächtigt. Janine Koch glänzte in der Doppelrolle der Shen Te und ihres erfundenen Vetters Shui Ta. Als selbstlos gütige Prostituierte trug sie eine rote Langhaarperücke, ein geblümtes Kleid, rote Strümpfe und Stöckelschuhe, als ihr eigenes realitätsorientertes alter ego, stand sie Sekunden später mit perfekt geschminktem Glatzkopf auf der Bühne. Beim ersten Auftritt Shui Tas waren Hose und Hemd noch als „Fassade" vor das Kleid gehängt, später lag die rote Kleidung der Gütigen als Bündel in der Ecke, was zur Annahme führt, Shui Ta habe Shen Te ermordet: Geldgier ersetzt Helfersyndrom.
Auch in der Darstellung schaffte Koch beachtenswert den Spagat zwischen gütiger Weichheit und existenzsichernder Härte. Als Bindeglied zum Publikum richtete Sebastian Jüllig in der Rolle des Wang als Erzähler einen kommentierenden Blick auf die Aneinanderreihung unabhängiger Szenen. David Fritz als Flieger Yang Sun glänzte im Wechsel vom deprimierten Selbstmörder zum zärtlichen Liebhaber und über den eigensüchtigen Lebemann zum geläuterten Fürsprecher der ausgebeuteten Fabrikarbeiter. (srs)
Gruppe Szenario begeistert im Chawwerusch-Theater mit dem Stück „Der gute Mensch von Sezuan"
Kann ein Mensch gleichzeitig gut sein und leben? - Das ist die kritische Frage, die Bertolt Brecht in seiner Parabel „Der gute Mensch von Sezuan" der Gesellschaft stellt. Im Saal des Chawwerusch-Theaters in Herxheim bekannten die acht jungen Darsteller der Theater-Gruppe „Szenario" vom Pamina Schulzentrum am Samstagabend: „Wir stehen selbst und sehn betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen. Verehrtes Publikum, such" dir selber deinen Schluss. Es muss ein guter sein. Es muss, muss, muss..."
Im Laufe der vielen Jahre, seit das anfängliche Wandertheater Chawwerusch in Herxheim sesshaft wurde, haben sich gewinnbringende Synergien entwickelt. Von der Professionalität und der theaterpädagogischen Arbeit der hauptberuflichen Schauspieler und Regisseure haben viele Laiengruppen profitiert. Ein nachhaltiger Effekt ist auch die Lehrtätigkeit von Ben Hergl für Darstellendes Spiel an Schulen der Region und seit zwölf Jahren als Leiter der Theater-AG im Pamina Schulzentrum. Am Samstag überzeugten die Oberstufenschüler wieder einmal durch eine reife darstellerische Leistung, die weit über das von einem Schultheater erwartete Niveau hinausreicht. In der Umsetzung zeigten acht junge Leute in der Darstellung von 21 Charakteren, dass sie sich intensiv mit dem Instrument des epischen Theaters zur Gesellschaftskritik auseinandergesetzt haben, bestachen durch starke Bühnenpräsenz und Klarheit in der Sprache in vielen, der Epik geschuldeten gespielt veränderten Tonlagen.
Der Spannungsbogen blieb die gesamte Spielzeit über so stramm wie die Saiten der Gitarre und des Violoncellos, die zusammen mit einem indischen Shrunti und der Tröte Kazoo von Sophie Tritschler, Julia Wolfund Tristan Dietz in wechselnder Besetzung gespielt, über das Publikum rieselten. In der Bewegung über die gesamte Fläche der meist nackten großen Bühne blieb den Zuschauern Raum für eigene Fantasien und die Beachtung der aufwändigen Maske und Kostüme.Die Bühnenrückwand zeigte den blauen Wolkenhimmel, davor hingen transparente Stoffbahnen, hinter denen die Götter (Miriam Herdt, Mareike Lutz, Sophie Tritschler) entschwanden. Einziges Requisit war ein klaviergroßer Kasten auf Rollen. Von vorne stellte er den Tabakladen dar, umgedreht unter anderem die Brücke, unter der Wang, der Wasserverkäufer, nächtigt. Janine Koch glänzte in der Doppelrolle der Shen Te und ihres erfundenen Vetters Shui Ta. Als selbstlos gütige Prostituierte trug sie eine rote Langhaarperücke, ein geblümtes Kleid, rote Strümpfe und Stöckelschuhe, als ihr eigenes realitätsorientertes alter ego, stand sie Sekunden später mit perfekt geschminktem Glatzkopf auf der Bühne. Beim ersten Auftritt Shui Tas waren Hose und Hemd noch als „Fassade" vor das Kleid gehängt, später lag die rote Kleidung der Gütigen als Bündel in der Ecke, was zur Annahme führt, Shui Ta habe Shen Te ermordet: Geldgier ersetzt Helfersyndrom.
Auch in der Darstellung schaffte Koch beachtenswert den Spagat zwischen gütiger Weichheit und existenzsichernder Härte. Als Bindeglied zum Publikum richtete Sebastian Jüllig in der Rolle des Wang als Erzähler einen kommentierenden Blick auf die Aneinanderreihung unabhängiger Szenen. David Fritz als Flieger Yang Sun glänzte im Wechsel vom deprimierten Selbstmörder zum zärtlichen Liebhaber und über den eigensüchtigen Lebemann zum geläuterten Fürsprecher der ausgebeuteten Fabrikarbeiter. (srs)