Fast 70 Jahre alt und mehr denn je hochaktuell
Jura Soyfers Stück "Der Weltuntergang" mit dem Theater Szenario im Chawwerusch TheaterSaal in Herxheim - Ben Hergls Regie
Krisensitzung am Firmament: Die Erde schert immer wieder aus dem Gesamtgefüge des Sonnensystems aus, das darf nicht sein. Die Ursache ist schnell gefunden. Der Planet leidet unter einem starken Befall eines seltenen Ungeziefers: den Menschen. Der Komet Konrad wird ausgeschickt, die Menschheit zu vernichten. Professor Guck, seines Zeichens Physiker und Astronom, entdeckt den drohenden Weltuntergang und warnt. Jeder reagiert auf seine Weise. Die Medien vermarkten das Spektakel an die sensationslüsterne Öffentlichkeit. Die Staatsoberhäupter diskutieren über "Sicherheit" (England) und "Stabilität" (Frankreich). Die Straßenkünstler texten Weluntergangslieder. Ein amerikanischer Unternehmer baut ein Raumschiff, um sich und 50 andere "wichtige Personen" in Sicherheit zu bringen. Der Rest der Menschheit zeichnet Weltuntergangsanleihen. Die Aktien steigen.
Jura Soyfer hat "Der Weltuntergang" 1936 geschrieben. Sein Ende der Welt ist ein Bild für die Nationalsozialisten und alles, was ihre Herrschaft für die Menschheit bedeutet. Am Freitag brachte das Theater Szenario vom Pamina Schulzentrum Herxheim das Stück im Theatersaal des Chawwerusch auf die Bühne. Die Inszenierung von Ben Hergl hält sich dicht an Textvorlage und verzichtet weitgehend auf Modernisierung. Trotzdem - oder vielleicht gerade deswegen - ist das Stück hochaktuell. "Ihr sterbet für die USA" heißt es da, und "Was ist mit dem Völkerbund?" aus dem Mund eines Regierungschefs. Der Irak-Krieg und die Politik der UN als Déjà-vu. Professor Guck entwickelt eine Erfindung, um die Menschheit zu retten, doch keine hört auf ihn. "Waren sie schon beim Patentamt?" ist noch einer der freundlicheren Kommentare. Dabei bleibt das Stück trotz seiner immanenten Tragik stets an der Schwelle zur Komik. Die pointierten Szenen Soyfers bringen die Eigenheiten und seltsamen Schutzmechanismen der Menschen gnadenlos auf den Punkt, sodass man stets zwischen Lachen und Weinen hin und her schwankt. Soyfer, der schon mit 27 Jahren im KZ Buchenwald ums Leben kam, schreib viel für Kabarettbühnen und weiß schwere Wahrheiten unterhaltungsgerecht zu verpacken. Kein Witz ohne tiefere Bedeutung, keine Tragik ohne Hoffnungsschimmer.
Mit großem Elan und sichtlicher Begeisterung sangen und spielten sich die elf Mädchen im Alter von 15 bis 18 Jahren durch den Reigen unterschiedlichster Szenen. Statt auf aufwendige Bühnenbilder und Perfektion setzt das Theater Szenario auf Ideenreichtum und die Wandlungsfähigkeit der jungen Darstellerinnnen. Exemplarisch seien hier Olga Bernhardt als rechthaberischer Papagei, Claudia Dietherich als donnernder Führer und die beiden Straßensängerinnen Sarah Stibig und Maite Tritschler genannt.
Judith Siebel zeigte Professor Guck als warnenden Forscher, der im Laufe der Handlung immer mehr zur tragischen Kassandra wird. Katharina Schneider karikierte herrlich strahlend die Berichterstattung der damaligen wie heutigen Medien. Claudia Lehmann verlieh dem Komet Konrad eine jugendlich-ungestüme, aber hoffnungsfrohe Gestalt.
Zum fünften Mal arbeitete Ben Hergl vom Chawwerusch Theater mit den Mädchen vom Theater Szenario zusammen, und erstmals wagten sich die Nachwuchstalente auch ans Singen. Mit Erfolg. Die Melodien von Martin Detzel fangen Gleichzeitigkeit von Bedrohung und Hoffnung hervorragend ein. Stimmige Kulissen (Brigitte Sommer) und Kostüme (unterstützt vom Chawweruschfundus) sowie professionelle Technik (Reinhard Blaschke) rundete die Vorstellung zu einem äußerst unterhaltsamen wie nachdenklich stimmenden Abend ab.
Mit seiner fünften Produktion beweist das Ensemble vom Pamina Schulzentrum einmal mehr, dass man sich um den Theaternachwuchs in Herxheim keine Sorgen machen muss. Begeisterter Applaus. (mog)
Jura Soyfers Stück "Der Weltuntergang" mit dem Theater Szenario im Chawwerusch TheaterSaal in Herxheim - Ben Hergls Regie
Krisensitzung am Firmament: Die Erde schert immer wieder aus dem Gesamtgefüge des Sonnensystems aus, das darf nicht sein. Die Ursache ist schnell gefunden. Der Planet leidet unter einem starken Befall eines seltenen Ungeziefers: den Menschen. Der Komet Konrad wird ausgeschickt, die Menschheit zu vernichten. Professor Guck, seines Zeichens Physiker und Astronom, entdeckt den drohenden Weltuntergang und warnt. Jeder reagiert auf seine Weise. Die Medien vermarkten das Spektakel an die sensationslüsterne Öffentlichkeit. Die Staatsoberhäupter diskutieren über "Sicherheit" (England) und "Stabilität" (Frankreich). Die Straßenkünstler texten Weluntergangslieder. Ein amerikanischer Unternehmer baut ein Raumschiff, um sich und 50 andere "wichtige Personen" in Sicherheit zu bringen. Der Rest der Menschheit zeichnet Weltuntergangsanleihen. Die Aktien steigen.
Jura Soyfer hat "Der Weltuntergang" 1936 geschrieben. Sein Ende der Welt ist ein Bild für die Nationalsozialisten und alles, was ihre Herrschaft für die Menschheit bedeutet. Am Freitag brachte das Theater Szenario vom Pamina Schulzentrum Herxheim das Stück im Theatersaal des Chawwerusch auf die Bühne. Die Inszenierung von Ben Hergl hält sich dicht an Textvorlage und verzichtet weitgehend auf Modernisierung. Trotzdem - oder vielleicht gerade deswegen - ist das Stück hochaktuell. "Ihr sterbet für die USA" heißt es da, und "Was ist mit dem Völkerbund?" aus dem Mund eines Regierungschefs. Der Irak-Krieg und die Politik der UN als Déjà-vu. Professor Guck entwickelt eine Erfindung, um die Menschheit zu retten, doch keine hört auf ihn. "Waren sie schon beim Patentamt?" ist noch einer der freundlicheren Kommentare. Dabei bleibt das Stück trotz seiner immanenten Tragik stets an der Schwelle zur Komik. Die pointierten Szenen Soyfers bringen die Eigenheiten und seltsamen Schutzmechanismen der Menschen gnadenlos auf den Punkt, sodass man stets zwischen Lachen und Weinen hin und her schwankt. Soyfer, der schon mit 27 Jahren im KZ Buchenwald ums Leben kam, schreib viel für Kabarettbühnen und weiß schwere Wahrheiten unterhaltungsgerecht zu verpacken. Kein Witz ohne tiefere Bedeutung, keine Tragik ohne Hoffnungsschimmer.
Mit großem Elan und sichtlicher Begeisterung sangen und spielten sich die elf Mädchen im Alter von 15 bis 18 Jahren durch den Reigen unterschiedlichster Szenen. Statt auf aufwendige Bühnenbilder und Perfektion setzt das Theater Szenario auf Ideenreichtum und die Wandlungsfähigkeit der jungen Darstellerinnnen. Exemplarisch seien hier Olga Bernhardt als rechthaberischer Papagei, Claudia Dietherich als donnernder Führer und die beiden Straßensängerinnen Sarah Stibig und Maite Tritschler genannt.
Judith Siebel zeigte Professor Guck als warnenden Forscher, der im Laufe der Handlung immer mehr zur tragischen Kassandra wird. Katharina Schneider karikierte herrlich strahlend die Berichterstattung der damaligen wie heutigen Medien. Claudia Lehmann verlieh dem Komet Konrad eine jugendlich-ungestüme, aber hoffnungsfrohe Gestalt.
Zum fünften Mal arbeitete Ben Hergl vom Chawwerusch Theater mit den Mädchen vom Theater Szenario zusammen, und erstmals wagten sich die Nachwuchstalente auch ans Singen. Mit Erfolg. Die Melodien von Martin Detzel fangen Gleichzeitigkeit von Bedrohung und Hoffnung hervorragend ein. Stimmige Kulissen (Brigitte Sommer) und Kostüme (unterstützt vom Chawweruschfundus) sowie professionelle Technik (Reinhard Blaschke) rundete die Vorstellung zu einem äußerst unterhaltsamen wie nachdenklich stimmenden Abend ab.
Mit seiner fünften Produktion beweist das Ensemble vom Pamina Schulzentrum einmal mehr, dass man sich um den Theaternachwuchs in Herxheim keine Sorgen machen muss. Begeisterter Applaus. (mog)