Unterwegs zwischen Traum und Wirklichkeit
HERXHEIM: „Theater Szenario" begeistert bei der Premiere des Stücks „Nachtschwärmer" im Chawwerusch-Saal
Sichtlich erschöpft brauchten die elf jugendlichen Darsteller vom „Theater Szenario" am Herxheimer Pamina-Schulzentrum im tosenden Applaus der Zuschauer einige Minuten, um aus ihren Rollen wieder in die Realität zurückzukehren. 80 Minuten lang waren die „Nachtschwärmer" unterwegs gewesen zwischen Traum und Wirklichkeit, auf dem Weg in die Erwachsenenwelt, auf der Suche nach der wahren Liebe und der eigenen Identität. Im proppenvollen Chawwerusch-Theatersaal blieb nach der Premiere am Freitagabend ein sprachlos staunendes und begeistertes Publikum zurück.
Vater König ist verzweifelt: „Drei paar Schuhe sieben Tage die Woche und das die ganze Zeit", so kann das nicht weitergehen. Um lästigen Erklärungen für den hohen Verschleiß aus dem Weg zu gehen, bestellt er die Fußbekleidung für seine drei Töchter mittlerweile im Versandhandel. Jede Nacht verschwinden die Schwestern aus ihrem Zimmer und liegen am nächsten Morgen mit durchgetanzten Sohlen und blutigen Füßen im Bett - selbst hin und her gerissen zwischen Lust und Frust. Ein Fernsehsender lobt schließlich eine Belohnung aus für denjenigen, der das Geheimnis lüftet. Tatsächlich gelingt es einem ehemaligen Soldaten, den Mädchen in eine glitzernde Unterwelt zu folgen. Hier treffen sie als schwarze Bräute ihre „Prinzen". Als der Vater versucht, sich Zutritt in die Katakomben zu verschaffen, stürzt die Traumwelt ein.
In der realen Welt unterhalten sich alle ganz normal, in der Traumwelt aber beherrscht die Poesie todessehnsüchtiger Romantiker die Sprache. Eine schöne Wirkung, die Autor und Theaterwissenschaftler Thomas Oberender in das preisgekrönte Jugendtheater-Drehbuch schrieb, dessen Inhalt an das Grimmsche Märchen „Die zertanzten Schuhe" anlehnt.
Eine Tanzperformance um einen Berg roter Schuhen zur Einstimmung, lebendig gespielte Titel wie „Stairway to heaven" von Led Zeppelin und „Tanz auf dem Vulkan" von Subway to Sally machen das Erlebnis für das Publikum ebenso perfekt wie die Spannung steigernde Klang-Effekte von Tristan Dietz (Gitarre), Laura Grimm (Bass) und Felix Knierim (Schlagzeug) der eigens gegründeten Band. So dicht und intensiv ist das Geschehen auf der Bühne, dass am Ende keine einzige Spielminute überflüssig war.
In wechselndem Einsatz wird den jugendlichen Darstellern permanent Konzentration abverlangt. Von Julia Wolf im sekundenschnellen Umschalten zwischen der Rolle des Wächters und als Sängerin. Oder von Sophie Tritschler, die mit Improvisationen auf dem Cello der Handlung gefühlverstärkende Wirkung verleiht, wenn sie nicht als Lauretta auf der Bühne steht. „Isobel" Anna Schröder mimt auch ihren Traumprinzen „Jean" und „Fernsehmoderatorin" Miriam Herdt angelt sich als Meerjungfrau ihren Traummann. Mit unterhaltsamen Zaubereinlagen meistert Nadine van der Aakster souverän die auflösende Doppelrolle als Barmann und „Thierry".
Beispielgebend ist auch die darstellerische Kunst der Jugendlichen, täuschend echt Treppen hinabzusteigen, wo keine sind oder über einen nicht vorhandenen See zu rudern. Dass die komplexe Handlung trotz aller Turbulenzen und ständiger Wechsel zwischen den Welten überschaubar bleibt, ist das Verdienst des Theaterpädagogen und professionellen Regisseurs Ben Hergl. Trotz wechselnder Darsteller und Kostüme bleiben Lauretta, Isobel und Kyra an Merkmalen wie einer gelben Blume im Haar oder eines Stofftier-Maskottchens erkennbar.
Auch wenn die Truppe im Pamina-Schulzentrum angesiedelt ist: Um all jenen Schultheatergruppen gerecht zu werden, denen nichts weiter als ein verdunkelbarer Raum zur Verfügung steht und im besten Fall ein Lehrer, der eigene Erfahrung im Laienschauspiel mitbringt oder eine Fortbildung besucht hat, bekennt sich das Herxheimer Jugendtheater Szenario dazu, mehr zu sein als eine „Arbeitsgemeinschaft Darstellendes Spiel".
Die Leistung jedoch rechtfertigt das Privileg, in einem echten Theatersaal spielen zu dürfen, von professioneller Licht- und Tontechnik zu profitieren und aus einem reichhaltig vorhandenen Fundus schöpfen zu können - nicht zu vergessen die Kreativität von Kristina Lang beispielsweise im Kostüm des Vogels als Wächter der Unterwelt oder des lebendigen Spielautomaten - beiden verlieh Sara Donicova übrigens bewundernswert ihren „Charakter". Vielleicht bedingt sich aber auch beides gegenseitig ... (srs)
HERXHEIM: „Theater Szenario" begeistert bei der Premiere des Stücks „Nachtschwärmer" im Chawwerusch-Saal
Sichtlich erschöpft brauchten die elf jugendlichen Darsteller vom „Theater Szenario" am Herxheimer Pamina-Schulzentrum im tosenden Applaus der Zuschauer einige Minuten, um aus ihren Rollen wieder in die Realität zurückzukehren. 80 Minuten lang waren die „Nachtschwärmer" unterwegs gewesen zwischen Traum und Wirklichkeit, auf dem Weg in die Erwachsenenwelt, auf der Suche nach der wahren Liebe und der eigenen Identität. Im proppenvollen Chawwerusch-Theatersaal blieb nach der Premiere am Freitagabend ein sprachlos staunendes und begeistertes Publikum zurück.
Vater König ist verzweifelt: „Drei paar Schuhe sieben Tage die Woche und das die ganze Zeit", so kann das nicht weitergehen. Um lästigen Erklärungen für den hohen Verschleiß aus dem Weg zu gehen, bestellt er die Fußbekleidung für seine drei Töchter mittlerweile im Versandhandel. Jede Nacht verschwinden die Schwestern aus ihrem Zimmer und liegen am nächsten Morgen mit durchgetanzten Sohlen und blutigen Füßen im Bett - selbst hin und her gerissen zwischen Lust und Frust. Ein Fernsehsender lobt schließlich eine Belohnung aus für denjenigen, der das Geheimnis lüftet. Tatsächlich gelingt es einem ehemaligen Soldaten, den Mädchen in eine glitzernde Unterwelt zu folgen. Hier treffen sie als schwarze Bräute ihre „Prinzen". Als der Vater versucht, sich Zutritt in die Katakomben zu verschaffen, stürzt die Traumwelt ein.
In der realen Welt unterhalten sich alle ganz normal, in der Traumwelt aber beherrscht die Poesie todessehnsüchtiger Romantiker die Sprache. Eine schöne Wirkung, die Autor und Theaterwissenschaftler Thomas Oberender in das preisgekrönte Jugendtheater-Drehbuch schrieb, dessen Inhalt an das Grimmsche Märchen „Die zertanzten Schuhe" anlehnt.
Eine Tanzperformance um einen Berg roter Schuhen zur Einstimmung, lebendig gespielte Titel wie „Stairway to heaven" von Led Zeppelin und „Tanz auf dem Vulkan" von Subway to Sally machen das Erlebnis für das Publikum ebenso perfekt wie die Spannung steigernde Klang-Effekte von Tristan Dietz (Gitarre), Laura Grimm (Bass) und Felix Knierim (Schlagzeug) der eigens gegründeten Band. So dicht und intensiv ist das Geschehen auf der Bühne, dass am Ende keine einzige Spielminute überflüssig war.
In wechselndem Einsatz wird den jugendlichen Darstellern permanent Konzentration abverlangt. Von Julia Wolf im sekundenschnellen Umschalten zwischen der Rolle des Wächters und als Sängerin. Oder von Sophie Tritschler, die mit Improvisationen auf dem Cello der Handlung gefühlverstärkende Wirkung verleiht, wenn sie nicht als Lauretta auf der Bühne steht. „Isobel" Anna Schröder mimt auch ihren Traumprinzen „Jean" und „Fernsehmoderatorin" Miriam Herdt angelt sich als Meerjungfrau ihren Traummann. Mit unterhaltsamen Zaubereinlagen meistert Nadine van der Aakster souverän die auflösende Doppelrolle als Barmann und „Thierry".
Beispielgebend ist auch die darstellerische Kunst der Jugendlichen, täuschend echt Treppen hinabzusteigen, wo keine sind oder über einen nicht vorhandenen See zu rudern. Dass die komplexe Handlung trotz aller Turbulenzen und ständiger Wechsel zwischen den Welten überschaubar bleibt, ist das Verdienst des Theaterpädagogen und professionellen Regisseurs Ben Hergl. Trotz wechselnder Darsteller und Kostüme bleiben Lauretta, Isobel und Kyra an Merkmalen wie einer gelben Blume im Haar oder eines Stofftier-Maskottchens erkennbar.
Auch wenn die Truppe im Pamina-Schulzentrum angesiedelt ist: Um all jenen Schultheatergruppen gerecht zu werden, denen nichts weiter als ein verdunkelbarer Raum zur Verfügung steht und im besten Fall ein Lehrer, der eigene Erfahrung im Laienschauspiel mitbringt oder eine Fortbildung besucht hat, bekennt sich das Herxheimer Jugendtheater Szenario dazu, mehr zu sein als eine „Arbeitsgemeinschaft Darstellendes Spiel".
Die Leistung jedoch rechtfertigt das Privileg, in einem echten Theatersaal spielen zu dürfen, von professioneller Licht- und Tontechnik zu profitieren und aus einem reichhaltig vorhandenen Fundus schöpfen zu können - nicht zu vergessen die Kreativität von Kristina Lang beispielsweise im Kostüm des Vogels als Wächter der Unterwelt oder des lebendigen Spielautomaten - beiden verlieh Sara Donicova übrigens bewundernswert ihren „Charakter". Vielleicht bedingt sich aber auch beides gegenseitig ... (srs)