VOR DER PREMIERE: Das Herxheimer Theater Szenario spielt ab Samstag Witold Gombrowiczs' "Yvonne, die Burgunderprinzessin"
Das Theater Szenario hat mit seinen Aufführungen schon oft für Furore gesorgt, aber die satirische Komödie, mit der die Theater-AG des Pamina-Schulzentrums Herxheim unter der Leitung von Ben Hergl am Samstag Premiere feiert, legt noch einen Zacken zu. "Yvonne, die Burgunderprinzessin" ist trotz der Krone, die sie auf dem Plakat ziert, keineswegs so märchenhaft, wie der Titel dieser satirischen Komödie vermuten lässt.
Kaum zu glauben, dass der polnische Autor Witold Gombrowiczs dieses bissig-witzige Drama schon 1933 schrieb, denn die tragikkomische Geschichte um eine junge Frau, die am Rande der Gesellschaft steht und weder Willens noch in der Lage ist, sich anzupassen, trifft den Nerv unserer Zeit auf den Punkt und lässt garantiert niemanden kalt. Yvonne passt in keinen Raster und deshalb rasten alle, die mit ihr zu tun haben,aus. Weil die gelangweilte, eintönige´, sterile Gesellschaft plötzlich mit einem Gegenentwurf konfrontiert wird, spürt sie als Ganzes, aber auch jeder Einzelne, wie unsagbar lächerlich die selbstauferlegte Etikette ist und das der schnöde Schein viele Fehler verdeckt. Wie in des Königs neue Kleider fühlt sich unter den beobachtenden Augen der Fremden plötzlich jeder nackt und verraten - und sinnt auf Rache. Der Autor hat den Plot in die höfische Zeit angesiedelt und die unangepasste, stumme, "hässliche" Yvonne in eine Königsfamilie eingeführt, weil der Prinz aus lauter Trotz und Langeweile um ihre Hand anhält. Und auch Ben Hergl, Leiter des Theater Szenarios lässt es sich nicht nehmen, den Handlungsrahmen in die Zeit hoher Perücken, blasser Gesichter und lächerlichen Attitüden aufzuspannen. Das befördert den theatralen Schwung und die urkomischen Moment, die sich aus der Diskrepanz zwischen höfischer Steifheit und dem bürgerlichen, "andersartigen" Mädchen ergeben.
Beides ist wichtig, damit die ziemlich heftige Botschaft leicht verdaulich wird. Bei so viel tiefgründischer Psychologie sind die zehn jungen Schauspieler mächtig gefordet - erst Recht, weil Yvonne stumm ist und Talia Masino, die die Rolle verkörpert, den ganzen Ausdruck dieser unglücklichen Figur in Mimik und Körperhaltung legen muss. Zugleich muss auch deutlich werden, warum sie alle anderen mit solch magischer Macht"verhext".
Darüber hat die Zwölftklässlerin viel nachgedacht und gesteht der Protagonistin durchaus Selbstbewusstsein zu. Die "Hässlichkeit" mit der sie vom Autor ausgestattet wird, bezieht Talia auf die Diskrepanz ihrer Erscheinung zum Stil der damaligen Zeit, denn ihre "Yvonne ist wild, hat offenes Haar, steht deshalb außerhalb der Konventionen."Und doch sei der Bezug zur Gegenwart- nicht nur mit den Requisiten moderne Attribute einfließen - offentsichtlich. "Anderssein bedeutet doch in jener Zeit: nicht akzeptiert, runter gemacht zu werden" schlussfolgert die junge Schauspielerin und fragt sich weiter: "Was können Menschen in anderen Menschen auslösen, ohne dass es ihnen überhaupt bewusst ist?" Auch ihr Klassenstufenkollege Raffael Bittig, der die schwierige, weil sehr ambivalente Rolle des Prinzen spielt und dabei zwischen Anpassung und Rebellion, Gefühl und Verstand schwanken muss, hat viel über die Bedeutung dieses Stückes, die er als Gesellschaftskritik wertet, nachgedacht. "Der Hof hat eine Etikette und Yvonne hält ihr den Spiegel vor. Die Gesellschaft versucht auf Teufel komm raus, sie umzupolen, aber weil das nicht klappt, merken plötzlich alle, wie affig sie sind." erklärt Raffael und meint weiter, dass man diese Thematik durchaus auch individualisieren könne. "Jeder Einzelne, auch ich selbst, hat doch eine gewisse Etikette und lacht in einer Gruppe über Witze, die er gar nicht gut findet." Richtig gut finden es freilich alle Akteure, dass ihr AG-Leiter Ben Hergl auch Mitglied im Chawwerusch Theater ist und für die Pamina- Schüler dort Tür und Tor öffnet. So profitiert das Theater Szenario von einer professionellen Bühnentechnik und auch die ganz in schwarz-weiß gehaltenen Kostüme wurden bei Theaterschneiderin Marlene Korbstein in Auftrag gegeben. Regieassistenz Patrick Borchardt ist wiederum ein eigenes Gewächs und war vor seiner Ausbildung an der Theaterakademie Mannheim als ehemaliger Pamina-Schüler selbst Mitglied bei Theater Szenario.